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Eltville
Die älteste Stadt im Rheingau, »Stadt des Weines und der Rosen« genannt, liegt wohltuend abseits von Bundesstraße und Bahnlinie direkt und ruhig am Rhein. Ein Glück, denn eigentlich sollte es anders kommen. Gegenüber erstreckt sich die Rheininsel Eltviller Aue.
Unter dem Namen »Alta villa« römischen Ursprungs, wurde sie fränkische Siedlung und Sitz eines Königshofes. 1330 begann Balduin von Trier an dessen Standort mit der Errichtung einer Burg. Eltville erhielt 1332 von Kaiser Ludwig von Bayern die Stadtrechte, die Burg wurde nach Balduins Tod 1348 bevorzugte Sommerresidenz der Mainzer Kurfürsten. Am 17. Januar 1465 ernannte Erzbischof und Kurfürst Adolf II. von Nassau hier Johannes Gutenberg zum Hofedelmann und gewährte ihm eine Leibrente. Das hieß, Kleidung, Steuerfreiheit und jährlich zwanzig Malter Korn (entspricht 2180 Litern) und zwei Fuder Wein, ebenfalls gut 2000 Liter. Davon ließ es sich durchaus leben, leider konnte Gutenberg diese Privilegien nur noch drei Jahre genießen. Durch den Druck des »Vocabularius ex quo«, eines auch für arme Studenten erschwinglichen deutsch-lateinischen Wörterbuches ab 1467, wurde Eltville zu einer der ältesten Druckstätten Europas. 1631 besetzten die Schweden die Stadt und zerstörten beim Abmarsch 1636 die Burg bis auf den Turm. Die Ruine wurde nach 1683 zwar teilweise wieder errichtet, geriet aber schon 1793 in die Schusslinie der Franzosen. Bis 1803 gehörte die Stadt zum Besitz der Kurfürsten zu Mainz.
Sehenswert ist in Eltville vieles. In den verwinkelten, mittelalterlich anmutenden Gassen der Altstadt begegnet man auf Schritt und Tritt reizvollen Fachwerkbauten. Sie bieten einen hervorragenden Einblick in rund 400 Jahre Baugeschichte, von der Gotik bis zur Gründerzeit. Die meisten Eltviller Fachwerkhäuser entstammen der Zeit zwischen 1550 und 1850. Eine solche Vielfalt an Details, Formen und Stilarten ist auf so engem Raum wohl einmalig. Die Kurfürstliche Burg aus dem 14. Jahrhundert mit ihrem weithin sichtbaren, vierstöckigen Wohnturm beherbergt heute ein Gutenbergmuseum und kostbare Frühdrucke aus der Werkstatt der Druckerfamilie Bechtermünz. Verlies und Wehrplatte sowie gotische Kamine und Wandmalereien haben die vielfältigen Zerstörungen überstanden. Von den Wehranlagen der Stadt sind noch das Martinstor und der Sebastiansturm übrig. Die Pfarrkirche St. Peter und Paul, 1353–1434 über einer früheren romanischen Kirche errichtet, wird mit Recht als »Schatzkammer spätgotischer Kunst am Mittelrhein« bezeichnet. Sie enthält neben einer großen Anzahl interessanter Grabdenkmäler ein herrliches Fresko des 15. Jahrhunderts, das Jüngste Gericht darstellend und weitere Ausmalungen und Heiligendarstellungen des 16. Jahrhunderts. Zur reichen Ausstattung gehören zwei Madonnen auf der Mondsichel, ein Triumphbogenkruzifixus und als besondere Sehenswürdigkeiten der Taufstein von 1517 aus der Werkstatt des Hans Backoffen zu Mainz, sowie eine wohl ebenfalls dort entstandene Ölberggruppe von 1520. Der Willigisstein in der Marienkapelle erinnert an den großen Mainzer Bischof, der sein Amt von 975 bis 1011 bekleidete. Zahlreiche Adelshöfe prägen zusätzlich das Stadtbild, bespielsweise der Langwerther Hof, ein Ensemble mit dem Lichtensternchen Hof und dem Stockheimer Hof, Geburtshaus der Freiin Langwerth vom Stein, Mutter des Freiherrn vom Stein. Der Hof Bechtermünz mit seiner Renaissancearchitektur enthielt seit Gutenbergs Zeit die Druckerei der Gebrüder Bechtermünz. Der Eltzer Hof stammt aus dem 16. Jahrhundert, die Burg Crass aus dem 15., sie präsentiert sich aber im neugotischen Gewand.
Sehenswert sind im Ortsteil Erbach die katholische Pfarrkirche St. Markus (15. bis 18. Jahrhundert). Am Ortseingang liegt Schloss Reinhartshausen aus dem 19. Jahrhundert, die Mariannen-Aue mit ihren Stein- und Edelobstpflanzungen und der Markobrunnen von 1810, das Wahrzeichen der gleichnamigen, berühmten Weinlage und, natürlich, ein Fachwerkensemble am Marktplatz.
Kein Umweg, sondern ein Muss ist ein Besuch in Kiedrich. Inmitten von Weinbergen gelegen, wird es vom Bergfried der Ruine Scharfenstein überragt, Anfang des 13. Jahrhunderts von den Mainzer Erzbischöfen errichtet.
Das prächtige Renaissance Rathaus und der barocke Hof der Ritter zu Groenensteyn, sowie große Höfe des 16. bis 19. Jahrhunderts schaffen eine ungemein reizvolle Atmosphäre. Höhepunkt des Ortes aber ist die Pfarrkirche St. Dionysius und Valentinus. Zuerst sollte man sich den malerischen Friedhof betrachten, ein wirklich friedlicher Hof, und mit den umgebenden Bauten ein einmaliges Ensemble jenseits der Zeit. Diesem Eindruck verdankt die Kirche ihre heutige, also damalige Gestalt. Ein von der Rheinromantik angelockter Engländer, John Sutton, blieb 1857 hier hängen und finanzierte bis zu seinem Tod 1873 die Restaurierung und den Rückbau der spätgotischen Kirche. Unter Einbeziehung des mittelalterlichen Altarraumes wurde sie im 14. und 15. Jahrhundert errichtet. Aus dieser Zeit stammt auch noch die Orgel und ist somit eine der ältesten noch spielbaren. Schon das herrliche Westportal von 1420 lässt ahnen, welche Schätze der Bau birgt. Neben der reizvollen Architektur sind es die Rankenmalerei der Gewölbe, die Ausmalung des 19. Jahrhunderts von Franz August Martin, der (rekonstruierte) Lettner, die herrliche Kanzel, das farbig gefasste Originalgestühl von 1510 und das gleichaltrige Chorgestühl, besonders aber die vielfältigen Altäre und Skulpturen. Berühmt ist die »Kiedricher Madonna« von 1330. Besonderheit: hier pflegt man mit der Kiedricher Choralschule eine besondere, gotische Abart der Gregorianik. Die Michaelskapelle mit Beinhaus am Friedhof stammt aus dem Jahre 1440.
Kloster Eberbach wurde 1116 gegründet, seit 1135 wurde es (Himmerod vergleichbar) als Tochterkloster von Clairvaux von Zisterziensern bewohnt. Weinbau und Weinhandel florierten danach, was immer wieder zu Plünderungen führte. Besonders im Dreißigjährigen Krieg wurde viel vernichtet, die Bibliothek verstreut, die Mönche vertrieben. Aber sie kehrten zurück, bis die Säkularisation abermals schwere Lücken schlug. Dennoch, das Ensemble beeindruckt bis heute. Besonders die Kirche, 1145 bis 1186 erbaut, wirkt gerade durch das Fehlen allen Schmuckes. Die sprichwörtliche zisterziensische Strenge tritt so ungeschmälert hervor und schafft einen überwältigenden, spirituellen Raum. Erhalten haben sich zahlreiche interessante Grabplatten aus fünf Jahrhunderten, auch von der Grablege der Grafen von Katzenelnbogen. Die gotischen Seitenkapellen, der nur in Teilen erhaltene Kreuzgang, die Wohnräume der Mönche, das Hospital aus dem frühen 13. Jahrhundert und der Bibliotheksbau von 1500 mit den diversen An- und Umbauten – dem Eindruck dieses Ortes kann man sich nicht entziehen. Regelmäßig stattfindende Konzerte sind ein weiteres Glanzlicht.
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